Geschichte Wie sich die Hexenverfolgung in Europa ausbreitete

Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit in Europa

Den Glauben an Hexerei, Zauberei und Menschen die übersinnliche Zauberkräfte verfügen gibt es schon seit jeher. Die Hexenverfolgung erreichte aber erst in der frühen Neuzeit ihren Höhepunkt. Zwischen 1450 und 1750 wurden in ganz Europa schätzungsweise 100.000 – 110.000 Hexenprozesse geführt bei denen 40.000 bis 60.000 Menschen als Hexen verurteilt und hingerichtet wurden. Darin enthalten sind nicht die außergerichtlichen Tötungen von vermeintlichen Hexen etwa durch Lynchjustiz oder auf dem Lande. Die Zahlen beziehen sich auf die überlieferten gerichtlich verhängten Urteile, die wiederum meist in den Städten verhängt wurden. Wie viele Hexen in ländlichen Regionen in Europa ermordet wurden ist unbekannt.

Im späten Mittelalter waren die Menschen sehr abergläubig und hatten große Angst vor Hexen und deren Zauberei. Bei Ernteausfällen oder Unglücken wurde schnell der Schrei nach einer Hexe laut, die das Unheil herbeigezaubert haben muss. Kälteperioden, Überschwemmungen, Erdbeben oder Gewitter und starker Regen mussten Werke der Hexerei sein. “Gott” würde diese unheilbringenden Dinge nicht tun.

Die Hexenverfolgung war besonders in Mitteleuropa im “Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen” ausgeprägt, jedoch auch in Skandinavien und im heutigen Frankreich und England. Auch in den Britischen Kolonien in Nordamerika gab es Hexenverfolgung. Sowohl in katholisch geprägten als auch in protestantisch dominierten Gebieten wurden Menschen als Hexen verfolgt. Jedoch kaum in den orthodox geprägten Ländern in Osteuropa.

Was ist eine Hexe oder ein Hexenmeister?

Eine Hexe ist eine Person die mit dem Teufel paktiert und durch Zauberei Unheil über andere Menschen bringt. Hexen gelten dabei als die irdischen Vertreter des Teufels und sind daher mit dem Tode zu bestrafen. Eine Hexe benutzt Zauberkräfte und steht in Kontakt mit anderen Hexen, die sich zusammen bei Hexentänzen oder dem Hexensabbat ihren Hexenritualen widmen. Hexen können fliegen und mit dem Teufel kommunizieren. Diese Vorstellung war Ende des 14. Jahrhunderts in großen Teilen Europas gängig.

Wenn wir heute an Hexen denken, haben wir eine alte Frau im Kopf, die auf dem Besen fliegend ihr Unwesen treibt. Die Frau hat dabei eine große Warze auf der Nase und führt etwas schreckliches im Schilde (zum Beispiel dass sie Hänsel in ihrem Ofen braten will). Sie besitzt eine schwarze Katze, spricht in Reimen und trägt ein unter dem Kinn zusammengeknotetes Kopftuch. Eine eher nostalgische und romantische Vorstellung, die aber mit der menschenverachtenden Realität der jeweiligen Betroffenen in der frühen Neuzeit nichts zu tun hat. Sie hat heute eher Unterhaltungswert und dient der Belustigung oder dem Grusel von Gute-Nacht-Geschichten. Nach heutigem Kenntnisstand gibt es keine Hexen und auch kein zauberhaftes Umtreiben.

Hexenprozesse

Dem Vorwurf der Hexerei folgte oft ein Hexenprozess besonders dann wenn die Beschuldigung von verschiedenen Personen gleichzeitig oder wiederholt vorgebracht wurde oder wenn der Vorwurf nicht anders aufgeklärt werden konnte. Zu den Vorwürfen der Hexerei gehörten der Hexensabbat, der Hexenflug, der Teufelspakt, die Teufelsbuhlschaft und der Schadenzauber.

Hexenprozesse basierten auf staatsrechtlichen Grundlagen und Gesetzen und sollten der Bevölkerung zeigen dass der Staat (bzw. die kirchlich geprägte Justiz) gegen das Treiben von Hexerei und Zauberei vorgeht. Den Teufel konnte man nicht bestrafen, die irdischen Vertreter des Satans, die Hexen und Hexenmeister hingegen schon.

Eine bloße Beschuldigung der Hexerei reichte oft aus um einen Hexenprozess zu beginnen. War eine Anschuldigung erst mal in der Welt, war es für Betroffene sehr schwer die Behauptungen zu widerlegen. Oft wurden Frauen verdächtigt, die selbst psychisch krank waren oder auf irgendeine Weise aus Sicht der anderen Menschen “merkwürdig” waren. Wenn jemand merkwürdig oder auffällig war, kamen oft Gerüchte auf, dass hier etwas nicht stimmt und die jenige möglicherweise eine Hexe sein müsse. Die Betroffenen sahen sich dann mit einer unglaublichen Peinigung konfrontiert, an dessen Ende oft der Tod stand.

Beschuldigungen basierten oftmals auf Denunziation von Menschen (wahrscheinlich war auch deshalb die Hexenverfolgung in Deutschland besonders stark verbreitet). Wenn jemand ein persönliches Unglück erlebt hat etwa wenn das eigene Kind unerwartet gestorben war und es keine medizinische Erklärung dafür gab musste es Hexerei gewesen sein. Ein Werk des Teufels oder einer Hexe aus der Nachbarschaft. Menschen die dazu beigetragen hatten eine Hexe zu enttarnen und zu verurteilen bekamen dabei sogar Belohnungen, wie bspw. einen Teil des Erbes des Verurteilten. Persönliche wirtschaftliche Gründe für eine Beschuldigung können damit ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Oft fiel der Besitz auch an den Staat und der Staat verdiente daran. Der Verdacht eine wohlhabende Person zu beschuldigen und zu verurteilen, um an sein Vermögen zu gelangen, liegt nahe. Eine grausige Vorstellung.

Bei Hexenprozessen wurden die Menschen gefoltert um Geständnisse zu erpressen und weitere Hexen aufzuspüren. Die sog. “Peinliche Befragung” sollte die Machenschaften der vermeintlichen Hexe aufdecken und deren Hexenfreunde ausfindig machen. Man glaubte, dass sich Hexen untereinander kennen würden da sie gemeinsam ihren Hexentanz zelebrierten und dabei Wissen austauschen würden. Bei der Folter beschuldigten die Betroffenen oft auch vollkommen unschuldige Personen, einfach damit die Folter aufhört. Wenn aber der Verdacht nahe lag, dass es noch weitere Hexen in der Umgebung geben müsse, wurde wieder gefoltert. So kam es oft zu regelrechten Kettenprozessen bei denen immer mehr Menschen belastet wurden und die Anschuldigung der Hexerei breitete sich in Nachbarorte aus. Die Menschen munkelten, wenn es im Nachbarort eine Hexe gab, kann es hier auch welche geben. Oder anders herum. Wenn bei uns eine Hexe aufgespürt und verurteilt wurde, kann es auch in den Nachbarorten Hexen geben.

  • Die Hexenprobe diente dazu Hexen zu überführen. Dabei wurde die Person auf einer Waage gewogen und wenn sie ein bestimmtes Gewicht unterschritt kam es zur Anklage. Wenn die Person schwerer war als das angesetzte Gewicht wurde allerdings oftmals kein Freispruch eingeleitet sondern es wurde unterstellt, dass die Hexe die Waage mit Ihrer Zauberkraft beeinflusst hätte. Die Hexenprobe diente zur Ermittlung der Beweislast gegen die Angeklagte.
  • Das Hexenbad war ein weiteres Element bei der Beweisführung in einem Hexenprozess. Dabei wurde die beschuldigte Person auf einem Holzsteg gefesselt ins Wasser gelassen. Wenn die Person dann nicht im Wasser versank sondern oben trieb musste es eine Hexe sein. Wenn die Person unterging holte man sie wieder hoch und versuchte es erneut. Mitunter kam es vor das bei diesem “Test” die betroffene Person ertrank und starb.   

Alle Methoden der “peinlichen Befragung” sind heute in Europa verboten. Sie sind als Folter eingestuft in stellen ein “Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar”.

Das Schicksal von verurteilten Hexen

Menschen, die der Hexerei “überführt” wurden hatten nichts zu lachen. Eine jahrelange Haft im Kerker oder im Hexenturm war die Folge. Eine Rehabilitierung war eher die Ausnahme. Oft endete eine Verurteilung danach auf dem Scheiterhaufen. Die Hexen wurden dabei verbrannt um deren Seele zu reinigen, damit sie nicht endlos lange in der Hölle schmoren müssen, wenn sie kurz nach ihrem Tod vor Gott treten würden. Die Enthauptung vor dem Verbrennen galt als Strafmilderung. Möglicherweise wollte man hiermit auch den Menschen das grausige Schreien der Verurteilten am Brandpfahl ersparen. Es gab aber auch andere Strafen, etwa das Ertränken im Fluss oder das Abtrennen des Kopfes.

Verbrennung auf dem Scheiterhaufen

Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. Quelle: Wikimedia

Hinrichtungen wurden meist für die Öffentlichkeit zelebriert, um die Bevölkerung abzuschrecken und zu zeigen, dass die Hexen nun kein Unwesen mehr treiben können und damit auch kein “Unheil“ mehr angerichtet werden kann. Man mag es kaum glauben aber oft war die einhellige Meinung der Öffentlichkeit gegenüber Hexenverfolgung eher positiv. Wenn in einem Ort Hexenprozesse geführt wurden und die vermeintlichen Hexen bestraft wurden, gab es in den Nachbarorten durchaus die Forderung der Bevölkerung ebenfalls nach Hexen zu suchen. Die Hexe in dem einen Ort könnte ja Verbindungen zu anderen Hexen in den Nachbarorten haben.

Im späteren Verlauf und im Aufkommen der Aufklärung wurde die Todesstrafe für verurteilte Hexen allerdings immer seltener praktiziert. Stattdessen wurden die Urteile als Haftstrafen im Gefängnis oder im Hexenturm umgesetzt.

Es konnte jeden erwischen

Es wurden nicht nur Frauen der Hexerei beschuldigt, sondern auch Männer. Auch vor bekannten Personen und Personen in höheren Ämtern wurde nicht Halt gemacht. So kam es mitunter vor, dass Hebammen, Beamte, Politiker oder sogar Bürgermeister, Stadthalter und Adlige der Hexerei beschuldigt wurden und auch verurteilt wurden. Prominente Person war zum Beispiel die Mutter von Johannes Kepler die der Hexerei beschuldigt wurde und auch eingesperrt war. Sie wurde erst durch den Einfluss von Kepler wieder freigelassen. Es gibt sogar Beispiele bei denen Vertreter der Kirche und des Glaubens, Pastoren, oder Mönche verurteilt wurden.

Eine weiteres bekanntes Beispiel des Hexenwahns war Johannes Junius. Er war mehrfach Bürgermeister der Stadt Bamberg. Bei den Bamberger Hexenprozessen (1626-1631) traf es auch ihn. Er beteuerte stets seine Unschuld. Unter Folter gestand er die Hexerei und belastete dabei auch andere Personen wobei es zu einem Kettenprozess kam und auch weitere Personen angeklagt wurden. Er galt damit als überführt und wurde 1628 hingerichtet.

Es wurden sogar Kinder und Jugendliche verbrannt. Ein Beispiel hierfür war ein 15-jährige Junge der 1630 ebenfalls in Bamberg verbrannt wurde, weil er mit der Hexerei in Verbindung gebracht wurde. Die 14-jährige Agatha Gatter sollte als “Hexenkind” 1603 in Freiburg verbrannt werden. Sie wurde nur durch Zusprache von Johann Pistorius verschont, der ein bekannter Kritiker der Hexenverfolgung war. Wie viele Kinder und Jugendliche insgesamt des Hexenwahns zum Opfer vielen ist nicht bekannt.

Die Hexenverfolgung im Spätmittelalter war allerdings weniger ein Phänomen der Obrigkeit, etwa um unliebsame Zeitgenossen loszuwerden sondern es war ein Phänomen der unteren Bevölkerung. Große Teile der Bevölkerung forderten ein rigoroses Vorgehen gegen Hexen. Oft kam es vor, dass in einigen Regionen in Mitteleuropa die Menschen selbst die Hexenverfolgung aktiv betrieben etwa auf dem Lande oder in dünn besiedelten Gebieten. Die Hexenverfolgung war dabei keine Initiative der herrschenden Klasse. Die Menschen waren damals sehr gläubig und glaubten neben der Lehre der Kirche auch an Aberglaube. Zauberei und Hexerei galten dabei als schwere Delikte besonders wenn sie als “Schadenzauber” angewandt wurden um andere Menschen zu schädigen. Aus heutiger Sicht wirkt es wahnsinnig wie man einen Menschen überhaupt des “Zaubers” überführen will.

Heute erscheint uns diese Sichtweise etwas irrwitzig, wir denken bei Zauberern eher an den guten Zauberer “Harry Potter” oder an die Phantasiegeschichte “Herr der Ringe”. Mit der grausigen Wirklichkeit des Spätmittelalters hat das aber nichts zu tun. Die Beschuldigung der Hexerei war in jener Zeit ein äußerst starker Vorwurf und kein Spaß. Vergleichbar heute mit der Anschuldigung des Mordes oder des Totschlags in der modernen Rechtsprechung.

Warum waren besonders Frauen betroffen?

Nach heutiger Kenntnis waren zwischen 80%-90% der verurteilten Hexen in Mitteleuropa Frauen. In Skandinavien liegt die Schätzung bei ca. 60-70% hier wurden auch mehr Männer als Hexenmeister angeklagt als in anderen europäischen Gebieten. Die männlichen Hexen wurden als Hexenmeister bezeichnet. Im heutigen Sprachgebrauch verwendet man auch den Begriff “Hexer”. 

In der Lehre des alt-europäischen Katholizismus war die Rolle der Frau in der Gesellschaft minderwertig. Frauen galten als Menschen, die Männer verführten und versuchen sie zu unterjochen. Frauen waren dem Mann im Geiste und auch körperlich unterlegen. Im mittelalterlichen Katholizismus wurde behauptet, dass der Mann von Gott erschaffen wurde aber die Frau nur für den Mann erschaffen wurde. Außerdem war der Stand der Frau in der Gesellschaft insgesamt sehr schlecht. Frauen wurden im Mittelalter als minderwertig angesehen und galten als Menschen zweiter Klasse. Frauen waren meist Bäuerinnen, Hebammen, Hausfrauen oder arbeiteten als Dirnen und Prostituierte. Verheiratete Frauen waren defakto Eigentum des Mannes und hatten wenig Rechte. In den Städten schafften es Frauen manchmal zu Kauffrauen oder Handwerkerinnen aufzusteigen aber diese Entwicklung war vielen Männern und den meist männlichen Eliten ein Dorn im Auge. Die Verfolgung von meist weiblichen Hexen war damit vorprogrammiert. Frauen hatten oft wenig Fürsprecher und keine starke Lobby (etwa wie eine heutige Frauenbewegung die sich für die rechte von Frauen einsetzt). Auch hatten Frauen in der weltlichen Rechtsprechung bei weitem nicht so viele Rechte wie Männer und Menschen eines höheren Standes (Eherecht, Erbrecht, Besitzrecht, usw.). Die normale Frau war dabei oft abhängig vom Mann mit dem sie verheiratet war. Unverheiratete Frauen hatten einen noch schlechteren Stand und galten oft fast als vogelfrei. Somit war die Grundvoraussetzung dafür gegeben dass die Hexenverfolgung besonders stark gegen Frauen durchgeführt wurde. Sie konnten sich einfach nicht zur Wehr setzen.

Die Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft zieht sich damit wie ein Roter Faden durch die Geschichte. Während Frauen damals praktisch als “Freiwild” betrachtet wurden ist die Stellung der Frau in Europa heute deutlich besser. Frauen gelten heute in Europa als weitgehend gleichberechtigt wenngleich viele Frauen in vielen Berufsgruppen nach wie vor benachteiligt werden. Etwa bei der Lohnzahlung oder auch in höheren Positionen. Das vermeintlich “schwache Geschlecht” wird dabei oft als Nachteil angesehen besonders wenn es bspw. um knallharte Geschäfte geht. Staatliche Gegenmaßnahmen wie Frauenquoten sollen dabei Abhilfe schaffen, aber auch das ist umstritten.

Ursachen der Hexenverfolgung

Ab dem 12. Jahrhundert wurde die christliche Religion in vielen Europäischen Ländern Staatsreligion. Die Religion gab dabei maßgeblich das politische Orientierung vor. Gesetze und politische Entscheidungen wurden dabei stets unter katholisch-religiösen Gesichtspunkten gemacht. Im Zuge der Inquisition galten Andersdenkende und auch Menschen anderer Religionen als Feinde des Staates. Abweichler und Zweifler sog. Ketzer sollten verfolgt und beseitigt werden. Hexerei galt als heidnischer Irrglaube und musste ebenfalls massiv bestraft werden. Es begann eine regelrechte Jagd auf Nichtchristen und Andersdenkende die oft auf dem Scheiterhaufen endete. Eine sehr dunkle Zeit der Europäischen Geschichte.

Neben den äußeren Umständen gab es auch einige von Menschen selbst hervorgerufenen und inszenierten Gründe. Dazu zählen:

  • Hexenbulle: 1484 verfasste der Papst eine Bulle in der von höchster Ebene die Existenz von Hexen, Hexerei und Schadenzauber bestätigt wird. Die Bulle ist als Weisung zu verstehen, dass Hexen zu verfolgen und verhaften sein.
  • Hexenhammer: 1486 wurde in Speyer eine Hetzschrift veröffentlicht die zur offensiven Hexenverfolgung aufruft und dabei die vermeintlichen Untaten von Hexen beschreibt. Das Buch dient als Grundlage zur Überführung von vermeintlichen Hexen. Später werden sich Gerichte auch auf dieses Buch berufen.   
  • Buchdruck: Die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg um 1450 gilt als Meilenstein des Spätmittelalters. Bücher und Schriften konnten nun massenweise produziert werden und in alle Himmelsrichtungen verteilt werden. Vorher waren Schriften und Bücher Einzelstücke und wurden in mühsamer Handarbeit gefertigt. Wie bei jeder neuen Erfindung gab es hierbei allerdings auch Nachteile. Es wurden nicht nur wissenschaftliche und theologische Bücher verbreitet sondern eben auch Hetzschriften, Pamphlete und Propagandaschriften. Heute gilt Gutenbergs Erfindung bei einigen Historikern als die wichtigste des Jahrtausends.
  • Reformation: Ab 1517 begann die Reformation und damit die Spaltung der christlichen Kirchengemeinde in Europa. Beide Konfessionen, Katholizismus und Protestantismus verstärkten die Verfolgung von Hexen

Die Hexenverfolgung basierte also auf der Grundlage einer religiösen (päpstlichen) Begründung, dem drakonischem Vorgehen gegen Menschen während der Inquisition und einem tief verwurzelten Aberglaube der Bevölkerung. Eine tödliche Vorraussetzung.

Klimaveränderung im 15. Jahrhundert

Heute wissen wir dass es ab dem Ende des 15. Jahrhunderts eine “kleine Eiszeit” gab, bei der die Temperaturen in Europa unter dem Durchschnitt lagen und es mitunter extreme Wetterphänomene gab. Kalte und lange Winter mit Missernten im Sommer waren die Folge. In den Sommermonaten gab es vermehrt Regenfälle, Überschwemmungen, Hagel und Starkregen. Wetterphänomene die landesweit vorher kaum bekannt waren oder zumindest nicht in diesem Ausmaß. Die Lebensbedingungen der Menschen verschlechterten sich damit zusehends. Nach Missernten brachen Hungersnöte aus, was wiederum die Grundlage für Krankheiten wie die Pest waren.

Das heißt die objektive Wahrnehmung der Menschen und ihrer Umwelt damals war nicht mal falsch. Man wusste dass sich Wetter und Klima verändert. Die Menschen spürten das am eigenen Leib. Jedoch waren die Schlussfolgerungen falsch, dass die Ursache dafür auf Zauberei und Hexerei zurückzuführen sei. Die Wissenschaft zu jener Zeit war nur einem kleinen Kreis geistlicher Gelehrter zugänglich und es gab damals kaum Kenntnisse über komplexe Systeme wie Klima und Wetter. Physikalische Grundkenntnisse waren ebenfalls kaum bekannt. Die Hexenverfolgung des Mittelalters lässt sich demnach auch auf Unkenntnis und Unwissenheit über Klima und Wetterphänomene gemischt mit einem übertriebenen und ungezügelten Aktionismus Religiöser Ausprägung zurückzuführen. Unwissenheit ist also kein Segen!

Klimaveränderungen hatten damals Auswirkungen auf politische Entscheidungen in ganz Europa. Das kennen wir doch irgendwo her. Auch in der heutigen Politik gibt es dieses Prinzip. Stichwort Klimawandel, Erderwärmung und CO2-Austoß. Dieses Grundprinzip gab es also bereits im Mittelalter.

Die Gründe für die sich verschlechternden Lebensumstände konnten wissenschaftlich nicht erfasst werden und das hatte fatale Folgen. Man benötigte einen Sündenbock für die sich ändernden Lebensbedingungen. Oft wurden dafür Hexen ausgemacht die mit Ihrem “Schadenzauber” Unheil herbeigezaubert haben um den Menschen zu schaden. In einigen Ländern wurden jene Ursachen auch den Juden in die Schuhe geschoben. Man glaubte die Juden würden die Lebensbedingungen der Christen durch “Judenzauber” beeinflussen mit dem Ziel das Christentum zu vernichten. Eine irrwitzige Vorstellung. Man kann sich ausmalen was das für Folgen für die jüdische Kultur in Europa gehabt haben muss. Der Begriff “Hexensabbat” wurde damals bewusst verwendet um eine scheinbare Verbindung zwischen Hexerei und Judentum herzustellen.

Antisemitismus und Judenverfolgung gab es demnach nicht erst seit dem Nationalsozialismus sondern bereits 500 Jahre früher im späten Mittelalter und der Neuzeit.

Der Höhepunkt der Hexenverfolgung im Dreißigjährigen Krieg in Mitteleuropa

Zwischen 1618 und 1648 wurde in Mitteleuropa der Dreißigjährige Krieg geführt. In diesem Krieg kämpften Katholiken gegen Protestanten. Da die konfessionelle Zugehörigkeit von Städten und Gemeinden nicht auf Staaten beschränkt war, wurde Aderkrieg auch von verschiedenen Staaten und Königreichen geführt. So zum Beispiel bewegten die Schweden ihre protestantische Armee auf Deutsches Gebiet. Bayerische und Böhmische Truppen fielen in Mitteldeutschland ein usw. Die Auswirkungen auf die Bevölkerung waren dabei fatal. In einigen Regionen in Berlin und Brandenburg wurde die Bevölkerung durch die Kämpfe und dessen Folgen (Hungersnöte, Seuchen, usw.) um bis zu 80% reduziert. Ganze Landstriche wurden entvölkert. Die Stadt Magdeburg in Mitteldeutschland wurde damals bei Kämpfen dem Erdboden gleich gemacht. Die Bevölkerung wurde um 70% dezimiert. Magdeburg gilt bis heute als tragisches Beispiel des Dreißigjährigen Krieges. Magdeburg war vor dem Krieg eine große und bedeutende Stadt in Mitteleuropa ähnlich vergleichbar mit München, Hamburg oder Köln heute. Sie erreichte danach nie wieder die Bedeutung die sie damals hatte.

Während des Krieges wurde in vielen Regionen des Reiches die Bevölkerung massiv reduziert. Auf die Bevölkerungsentwicklung bezogen war der Krieg verheerender als der Zweite Weltkrieg und markierte eine der dunkelsten Zeiten der mitteleuropäischen Geschichte. Nach dem Krieg versank ein Großteil Mitteleuropas in einer fast 100-jährigen relativen Bedeutungslosigkeit. Die entvölkerten Gebiete mussten erst wieder bevölkert werden.

All diese Dinge wie Krieg, Klimaveränderung, Hunger, Seuchen, Massensterben usw. waren für die meisten Menschen damals nicht mehr rational erfassbar und vollkommen unverständlich. Viele Menschen verfielen in eine Art depressive Endzeitstimmung. Bei anderen brach eine regelrechte Massenpanik und Massenhysterie aus. Man wollte die “Übeltäter” unbedingt schnappen und vernichten. Warum sollte “Gott” soviel Unheil über die Menschen bringen? Man glaubte das muss das Werk des Teufels sein. Die Hexenverfolgung erreichte dabei seinen Höhepunkt. In der Zeit zwischen 1580 und 1650 wurden in Mitteleuropa mehr Menschen als Hexen verurteilt als in gleichen Zeitabschnitten davor und danach. Die Verfolgung von Hexen nahm in dieser Zeit fast ungezügelte Ausmaße an. Je mehr Hexen man überführen würde, desto eher würde das Unheil aufhören, so die Annahme. Da das Unheil aber immer größer wurde, musste man auch immer mehr Hexen finden und verurteilen. Ein Teufelskreis im wahrsten Sinne der nicht nur Frauen betraf, sondern jeden treffen konnte.

Hexenwahn und Hexenhysterie Ende des 16. Jahrhunderts

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts weitete sich die Hexenverfolgung zu einem regelrechten Massenphänomen aus. Der Schrei nach Vergeltung in der Bevölkerung wurde immer lauter. Es kam in einigen Gebieten des “Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen” zu einer regelrechten Massenverfolgung von sogenannten Hexen. Die 4 größten Hexenprozesse in Mitteleuropa sind hier tabellarisch aufgeführt.

Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Die Zahlen basieren auf den überlieferten gerichtlichen Urteilen. Sehr oft wurden Hexen aber auch spontan verfolgt und ermordet ohne dass es einen Prozess gab oder der Fall auch nur dokumentiert wurde (Lynchjustiz). Die Dunkelziffer der tatsächlichen Ermordungen der Hexerei dürfte um einiges höher sein als die offiziell bekannten Fälle. Im Beispiel von Trier wurden offiziell 368 Personen der Hexerei schuldig gesprochen und hingerichtet. Darin enthalten sind nicht die Prozesse, bei denen es keine Schuldsprüche gab, wo aber möglicherweise Personen außergerichtlich ermordet wurden. Zudem basieren die Zahlen auf die Schuldsprüche in der Stadt Trier, nicht aber auf die der Umgebung der Stadt und in den angrenzenden Orten. Die Dunkelziffer der Hexenmorde dürfte also um einiges Höher liegen. Die genauen Zahlen sind nicht bekannt. Auch eine statistische Einschätzung ist unter Historikern umstritten.

Kritik an der Hexenverfolgung

Die Hexenverfolgung war in erster Linie kein Werk der Kirche oder der Religion selbst. Die Kirche war diesbezüglich eher gespalten. Es gab Befürworter und Gegner der Hexerei. Befürworter argumentierten, dass Hexen die weltlichen Vertreter des Teufels (Satans) sein und daher böse sind “Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen”, schrieb auch ein Martin Luther.

Gegner argumentierten, dass Hexerei eher ein Produkt der Phantasie und des Aberglaubens sei und das Unheil und Unglücke immer Gottes Werk sein. Es lag dann als Resultat dessen an der Deutungshoheit einzelner welche Sichtweise verwendet wurde.

So gab es dann theologische Hexentheoretiker die sich mit dem Thema Hexerei aus religiöser Sicht beschäftigten und versuchten Hexerei auch mit Hilfe der Religion zu erklären (ähnlich wie die ganzen sog. Experten heute, die mit ihren Einschätzungen oft falsch liegen, der Bevölkerung aber vorgaukeln, dass sie fachkompetent sind, da sie ja Expertise hätten).

Hexenverfolgung war eher ein Resultat der Bevölkerung die sich in ihrem Alltag durch Hexerei und Zauberei bedroht sahen. Ab dem 15. Jahrhundert wurden Hexenprozesse allerdings auch zur Abschreckung gegen politische oder gesellschaftliche Widersacher verwendet. Besonders während der Inquisition. Die Kirche wollte fromme, fleißig arbeitende, gottesfürchtige und steuern-zahlende Untertanen haben.

Im Zuge der Aufklärung ab dem 18. Jahrhundert änderte sich die Sichtweise auf Hexen und deren vermeintliche Zauberei. Durch die Verbreitung der Idee des Humanismus wurden in vielen Ländern Europas die drakonischen Foltermethoden abgeschafft oder zumindest stark reduziert. Auch tritt der religiöse Gedanke einer im Verborgenen agierenden Zauberei immer mehr in den Hintergrund. Durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse wie die Physik, Astronomie, Chemie und Medizin wird das traditionelle kirchliche Weltbild in Frage gestellt. Gleichzeitig verbessert sich der Lebensstandard vieler Menschen. Der Ruf nach Vergeltung von Hexen- und Schadenzauber  wurde immer leiser. Politische Krisen, Kriege und Hungersnöte und Wetterkatastrophen gab es zwar weiterhin aber nicht mehr in dem Ausmaße wie während des Dreißigjährigen Krieges. Es setzte sich der Gedanke durch, dass allein Gott für Wetterveränderungen oder Katastrophen zuständig war und nicht Hexen. Darüber hinaus gab es Zweifel an der Hexerei und Zauberei an sich. Besonders gebildete Menschen der Oberschicht glaubten dass Zauberei eher ein Phänomen der Phantasie sei. Durch die Verbreitung von wissenschaftlichen Schriften und Untersuchungen wurden viele Menschen “aufgeklärt”. Allgemein war der Bildungsstand vieler Menschen auch höher als im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit. Die Deutungshoheit über Hexerei änderte sich zu Gunsten der Hexengegner.

Die Abschaffung der Hexerei ist jedoch kein Werk der Menschlichkeit an sich. Todesstrafen gab es auch nach 1800 weiterhin. Allerdings war die Begründungslage und rechtliche Bewertung eine andere. Während früher die rechtliche Begründung zur Hexenverfolgung auf unbewiesenen Einschätzungen, Vermutungen und allgemein verbreitetem Aberglauben basierte wurde nun die rechtliche Beweislast hin zu einer weltlich und nichtreligiösen Betrachtung überführt. Die religiös-motivierte Betrachtungsweise zur Hexerei änderte sich. Nach den Erfahrungen der Hexenwahns im 16. und 17. Jahrhundert wurde nun mehr und mehr die “Vernunft” angewandt. Man fragte sich ob jemand denn schonmal eine fliegende Hexe gesehen hat oder eine Hexe auf Ihrem Besen reitend oder eine Hexe die gerade einen Zauber ausspricht oder vorbereitet. All diese logischen Fragen konnte man mit nein beantworten. Demzufolge gab es auch keine Hexen.

Historische Einordnung der Hexenverfolgung

Die Zuschreiben der Hexenverfolgung in das späte Mittelalter ist historisch nicht ganz korrekt. Bei vielen Menschen herrscht heute die Annahme vor dass das Mittelalter, die “Dunkle Zeit”, der Höhepunkt der Hexenverfolgung war. Historisch betrachtet stimmt das nicht. Die massenweise Hexenverfolgung ist ein Produkt der frühen Neuzeit des 16. und 17. Jahrhunderts. Eine Zeit in der die Reformation durch Martin Luther (ab 1517) bereits begann, in der neue technische Errungenschaften Einzug erhielten (Buchdruck ab 1450) und in der einige europäische Mächte mit dem Kolonialismus begannen (Entdeckung Amerikas ab 1492). Die frühe Neuzeit markiert einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte und hatte massive Auswirkungen auf das Leben jedes einzelnen Menschen (Glaubenskriege, Spaltung des Christentums in Katholische und Protestantische, Bauernkriege, Dreißigjähriger Krieg, Hungersnöte, Epidemien wie die “Pest”, usw.). Insofern ist die frühe Neuzeit “dunkler” als das “dunkle Mittelalter”.

Die Hexenverfolgung ist also kein Produkt des Mittelalters sondern ein Phänomen der Neuzeit. Im Mittelalter gab es in weiten Teilen Europas kaum Hexenverfolgung. Zumindest wurde diese nicht staatlich gefördert indem eine entsprechende Rechtsprechung installiert wurde. Es gab zwar bereits auch schon im Mittelalter den weit verbreiteten Glauben an Zauberei und auch Aberglauben. Diese wurde aber nicht als “Schadenzauber” in einer Rechtsprechung überführt und von der Bevölkerung wie der Obrigkeit ebenso wenig gegen Menschen verwendet.

Hexerei im 21. Jahrhundert

Man will es kaum glauben aber den Glauben an Hexerei gibt es noch heute. Insbesondere in tief gläubigen Gebieten in Afrika und Südamerika oder Teilen Südostasiens sowie in arabischen Ländern glauben Menschen immer noch daran dass Hexen ihr Unwesen treiben und mit dem Teufel paktieren. Auch hier kommt es immer wieder vor, dass Menschen, die der Hexerei beschuldigt werden oft drakonische Strafen erhalten. Die Gründe dafür sind ähnlich wie einer Neuzeit auch. In Westafrika bspw. gibt es Berichte über Hexenverfolgung. Wenn sich Krankheiten wie AIDS ausbreiten muss es durch einen Schadenzauber herbeigeführt worden sein.

Eine staatliche Hexenverfolgung mit einer Rechtsprechung gibt es aber in keinem Land offiziell. Auch heute basiert der Glaube an Hexen auf einen Aberglauben der Bevölkerung.

Fazit

Die Verfolgung von vermeintlichen “Hexen” ist ein Phänomen der frühen Neuzeit ab dem Ende des 16. Jahrhunderts. Besonders in Mitteleuropa während des Dreißigjährigen Krieges weitete sich die Hexenverfolgung zu einem fast ungezügelten Ausmaß aus der durch die sinkende Lebensqualität der Menschen in Mitteleuropa und durch Krieg begründbar ist.

Erst Im Zuge der Aufklärung des 18. Jahrhunderts und des Aufkommens von Wissenschaft und Technik wurden Zweifel an der Hexerei immer lauter und letztendlich in ganz Europa abgeschafft. Die letzte offizielle Hinrichtung einer Hexe fand am 13. Juni 1782 in der Schweiz statt. Heute gilt in unseren Breitengraden Hexerei als Aberglaube und entstammt der Phantasiewelt. Eine Hexe ist heute eher ein romantische Figur der Unterhaltungsindustrie.

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Anzahl Wörter: 4653

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